Eine Ersatzbeschaffung liegt auch bei der Beschaffung eines Neuwagens anstatt eines Gebrauchtwagens vor; die Besuchskosten sind bei einer ambulanten Behandlung infolge eines Verkehrsunfalls erstattungsfähig

Nach einem wirtschaftlichen Totalschaden stellt die Ersatzbeschaffung eines höherwertigen Neuwagens eine Ersatzbeschaffung im Sinne der Naturalrestitution dar.

Das Ziel der Naturalrestitution beschränkt sich nicht nur auf die Wiederherstellung der beschädigten Sache, sondern besteht in umfassender Weise darin, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich bestanden hätte, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Mithin tritt das neue Fahrzeug bei wirtschaftlicher und funktionaler Betrachtung an die Stelle des beschädigten Gebrauchtfahrzeugs, wobei die Ersatzbeschaffung unmittelbare und adäquate Folge des Unfalls ist.
In dem entschiedenen Fall hattte sich die Klägerin anstatt eines 2 Jahre alten Mitsubishi Colt 1. 3 MPi Motion einen Neuwagen der Marke Mitsubishi Colt 1. 3 Motion Plus angeschafft.
Das Gericht entschied, dass die Höherwertigkeit des Ersatzfahrzeugs nicht zu einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs führt.
Zudem kann zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots die Höherwertigkeit mit der Begrenzung der Höhe der erstattungsfähigen Kosten berücksichtigt werden.

Kosten für den Besuch naher Angehöriger am Krankenbett sind unter Umständen als Heilbehandlungskosten und eigene Kosten des Geschädigten erstattungsfähig.
Erforderlich ist hierbei, dass die Besuche für die Genesung des Geschädigten medizinisch notwendig sind, mithin aus objektiver Sicht eine realistische Chance eines Heilerfolges besteht. Eine ausdrückliche ärztliche Anordnung ist nicht Voraussetzung und in der medizinischen Praxis weitgehend unüblich.
Im entschiedenen Fall machte die Klägerin Reisekosten des im Jemen stationierten Ehemanns in Höhe von 1129,07 Euro geltend. Sie wurde anlässlich eines Autounfalls im Krankenhaus behandelt und am selben Tag wieder entlassen. Sie begründete die medizinische Notwendigkeit der Anwesenheit ihres Ehemannes mit dem unfallbedingt erlittenen Schockschaden. Zudem sei die Anwesenheit ihres Ehemannes notwendig, um eine krankhafte Verarbeitung des Unfallgeschehens im Sinne eines posttraumatischen Belastungszustandes zu vermeinden. Die Klägerin kollidierte auf regennasser Fahrbahn trotz Bremsens im Kreuzungsbereich frontal mit einem mit Propangas beladenen Tanklastzug.
Das Gericht sah den Unfallverlauf als geeignet an, ein psychisches Trauma zu erzeugen und den Eindruck von Hilflosigkeit, Ohnmacht und Todesangst zu wecken. Zudem bestand wegen der Ladung des Tanklastzugs mit Propangas die Gefahr und Besorgnis einer Explosion, wodurch die Klägerin einen unter Umständen tödlichen Unfall vorausahnen musste.
Dies nahm das Gericht zum Anlass die Anwesenheit des Ehemannes als notwendig anzusehen.

Eine Differenzierung zwischen einer ambulanten und stationären Behandlung ist bei psychischen Erkrankungen hinsichtlich der Erstattung von Besuchskosten nicht notwendig. Demnach ist eine ambulante Behandlung insbesondere bei psychischen Erkrankungen kein Zeichen für die mangelnde Notwendigkeit einer intensiven Bereuung durch Angehörige. Insbesondere wir meist aus infrastrukturellen und wirtschaftlichen Gründen von einer stationären Behandlung abgesehen, mithin kann die Betreuung durch Angehörige meist besser im häuslichen Umfeld verwirklicht werden.
 
Oberlandesgericht Naumburg, Urteil OLG Naumburg 2 U 7 10 vom 10.06.2010
Normen: BGB §§ 249, 823
[bns]
 
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